So läuft das idealerweise: Man fühlt sich betrogen und hätte gerne eine "unbelastete" Ware. Im Wohnmobil-Abgasskandal hat das Landgericht Oldenburg jetzt aufgezeigt, wie das geht.:Ein Wohnmobil geht wegen der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung zurück an den Händler und der muss dafür ein nagelneues Modell aus der aktuellen Serienproduktion mit gleichwertiger Ausstattung an den Käufer liefern. Das hat das Landgericht Oldenburg mit Versäumnis-Urteil vom 2. September 2021 entschieden (Az.: 4 O 767/21). Dabei aber bitte nicht vergessen: Dieses urteil beruht auf Gewährleistungsrecht und ist mit Schadenersatzansprüchen gegen Hersteller nur bedingt vergleichbar.
Wieder ist ein WoMo auf Ducato-Basis betroffen. Der von Fiat/Stellantis produzierte Motor ist Antriebsaggregat für uzahlreiche Transporter/Kastenwagen-Varianten verschiedenster "Veredler" - vor allem Wohnmobil-Marken greifen gerne auf diesen Motor zurück.. „Das Urteil des Landgerichts Oldenburg zeigt, dass nicht nur Schadenersatzansprüche gegen Fiat geltend gemacht werden können, sondern es sich auch lohnen kann, Ansprüche aus Gewährleistung gegen den Händler geltend zu machen“, sagt Rechtsanwalt Frederick M. Gisevius, BRÜLMANN Rechtsanwälte. Dies ist besonders vor dem Hintegrund interessant, dass hochwertige Wohnmobile oft noch in der Gewährleistungsfrist verortet sind, bzw. hochwertige und teure Wohnmobile auch gebraucht mit hohen Anspruchsmöglichkeiten an den Händler verkauft werden, bzw. wurden.
Es ging um ein Wohnmobil Hymer Exsis T 678 mit 2,3-Liter-Ducato-Motor und der Abgasnorm Euro 6b, 2020 gekauf. Eine unzulässige Regelung schaltet die Abgasnachbehandlung nach ca. 22 Minuten ab. Damit sei sie gerade lange genug aktiv, um im rund 20-minütigen Testlauf im Prüfmodus die gesetzlichen Grenzwerte für den Stickoxid-Ausstoß einzuhalten. Die Emissionen stiegen jedoch deutlich an, wenn die Abgasnachbehandlung deaktiviert werde. Dann würden die Grenzwerte für die Stickoxid-Emissionen überschritten.
Der Kläger machte nicht nur Schadenersatzansprüche gegen Fiat Chrysler Automobiles, jetzt Stellantis, sondern auch gegen den Händler geltend, da sich das Fahrzeug noch in der zweijährigen Gewährleistungsfrist befand.
Weder Fiat noch der Händler äußerten sich den Vorwürfen. Das LG Oldenburg verurteilte sie daher per Versäumnisurteil gesamtschuldnerisch zu Schadenersatz. Der Händler muss demnach das Wohnmobil zurücknehmen und dem Kläger ein mangelfreies fabrikneues typengleiches Ersatzfahrzeug aus der aktuellen Serienproduktion des Herstellers mit gleichwertiger technischer Ausstattung liefern. Fiat Chrysler bzw. Stellantis muss dem Kläger Schadenersatz für Schäden leisten, die aus den Abgasmanipulationen resultieren, entschied das Gericht.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, die Parteien können innerhalb eines Monats Einspruch einlegen.
Innerhalb der Gewährleistungsfrist können im Abgasskandal auch Ansprüche gegen den Händler durchgesetzt werden. Die Gewährleistungsfrist beträgt bei Neufahrzeugen zwei Jahre, bei gebrauchen Fahrzeugen nur ein Jahr. Innerhalb dieser Frist ist der Händler verpflichtet, dem Käufer ein Fahrzeug ohne Sachmangel zu liefern. „Eine unzulässige Abschalteinrichtung ist nach der Rechtsprechung des BGH ein Sachmangel. Innerhalb der Gewährleistungsfrist lassen sich daher Ansprüche gegen den Händler durchsetzen“, so Rechtsanwalt Gisevius