Es war kaum anders zu erwarten: Rund 700.000 Dieselfahrzeuge müssen von Mercedes europaweit zurückgerufen werden, davon 280.000 in Deutschland. Hinzukommen europaweit 280.000 Sprinter der Schadstoffklasse 5. Der Konzern muss Manipulationen an Abgasanlagen rückgängig machen, bzw. diese so umstellen, dass betroffene Autos und Transporter sich bezüglich ihres Stickoxidausstoßes im Rahmen der EU-Zulassungsgenehmigungen bewegen.
Von Mercedes wurde nie behauptet, dass die Ausstoßwerte sich in jeglichen Fahrsituationen unter dem Grenzwert halten und dabei mit dem sogenannten "Thermischen Fenster" argumentiert. Durch diese Programmierung darf die Abgasbehandlung abgeschaltet werden, sollte bei hohen Temperaturen die Gefahr laufen, dass Bauteile angeriffen werden. So versteht sich die Daimler AG im Rahmen des geltenden EU-Rechts zum Schutz der Bauteile. Das KBA hat von vornherein eine sogenannte "Defeat Device", also eine Programmierung zur Optimierung der Prüfergebnisse unter Laborbedingungen, vermutet.
Auf erste Rückrufe für den Vito, den GLC 220D und den C 220D der Schadstoffklasse 6 folgen Rückrufaktionen vieler aktueller Dieselproduktionen, vom SUV bis zum Lieferwagen.
Im Speziellen handelt es sich um Mercedes-Modelle mit Motoren der Baureihen OM 642 und OM 651 und beim Vito um den Motor OM 622. Recherchen des „Spiegel“ zufolge sind diese Modelle betroffen:
– Mercedes GLS 3,0 Diesel (OM 642)
– Mercedes GLE 3,0 Diesel (OM 642)
– ML 3,0 Diesel (OM 642)
– G-Klasse 3,0 Diesel (OM 642)
– CLS 3,0 Diesel (OM 642)
– S-Klasse 3,0 Diesel (OM 642)
– C-Klasse Plug.in-Hybrid 2,2 Diesel (OM 651)
– S-Klasse Hybrid 2,2 Diesel (OM 651)
– GLC 2,2 Diesel (OM 651)
– Sprinter 2,2 Diesel (OM 651)
- Sprinter Schadstoffklasse 5
– V-Klasse 2,2 Diesel (OM 651)
– Vito 1,6 Diesel (OM 622)
Eigentümer betroffener Fahrzeuge müssen Updates in der Werkstatt vornehmen lassen, um es nicht zu Zwangsstillegungen kommen zu lassen. Probelmatisch wird es allerdings, wenn durch das Abschalten des vermeindlichen Bauteilschutzes hohe Temperaturen im Lastbetrieb, im Stadtverkehr oder bei schneller Autobahnfahrt drohen, die die erwartete Lebensdauer der Bauteile erheblich einschränken.
Laut Experten der IG Dieselskandal sei das Problem mit geringfügigen Updates der Software nicht behoben: man müsse mit Wertverlusten, weiteren Werkstattbesuchen, Leistungseinbußen und gegebenenfalls sogar mit Mehrverbrauch rechnen. Unschuldige Betroffene müssen in solchen Fällen zwangsläufig die finanziellen Folgen stemmen.
Mercedes-Besitzer, die das nicht akzeptieren wollen, sollten zeitnah juristische Schritte einleiten. Die Kooperationsanwälte der IG Dieselskandal vertreten nun schon seit Monaten betroffene Opfer in Rückgabeverfahren. Bislang konnte die Betroffenheit durch teure Gutachten ermittelt werden.
Experten sind sich einig, dass durch die öffentlich gewordenen Rückrufaktion nun der Weg zur erfolgreichen Klage gegen Händler und/oder die Daimler AG freiliegt, auch ohne umfangreiche Beweisaufnahmen. Ziel einer solchen Klage ist, den Neupreis eines zurückgegeben Fahrzeuges erstattet zu bekommen.
Die Kooperationsanwälte der IG Dieselskandal bieten betroffenen Mercedes-Eigentümern kostenlose Erstberatungen an.