Der SCR-Katalysator macht in aller Regel den Unterschied zwischen der Schadstoffklasse 5 und der Schadstoffklasse 6 aus. Die einen tanken AdBlue zu und reinigen ihre Abgase mit Hilfe einer eingespritzten Harnstofflösung, die anderen brauchen bald gar nicht mehr zu tanken, denn die Schadstoffklasse 5 wird spätestens im September des neuen Jahres aus allen Dieselverbotszonen ausgesperrt.
Zumindest die Bewohner dieser Zonen, die aktuell Ihr Auto noch bewegen dürfen, hoffen auf kostenlose oder zumindest günstige Umrüstaktionen. Autos der Schadstoffklasse 5 sollen nachträglich mit einem SCR-Katalysator ausgestattet werden und damit die erforderlichen Grenzwerte eines Autos der Schadstoffklasse 6 erreichen – unabhängig vom Hersteller.
Die Autoindustrie stellt sich quer und die Zuliefererindustrie wartet auf konkrete Ansagen. Grad rechtzeitig zum Jahreswechsel hat sich Verkehrsminister Scheuer nun doch herabgelassen, die Rahmenbedingungen für Katalysator-Umrüstungen bekannt zu geben. Dass Scheuer auf der Bremse steht wundert nicht, er gilt nicht als Freund der Katalysatorregelung.
Die technische Richtlinie regelt, wie Autos der Schadstoffklasse Euro 5 so umgerüstet werden können, dass sie nicht von Fahrverboten betroffen sind.
Egal ob von den Autoherstellern direkt oder von darauf spezialisierten Anbietern: Der „Kat“ muss nicht nur Grenzwerte erreichen, sondern sich auch in wirtschaftlicher und technischer Sinnhaftigkeit in das bestehende Autosystem einfügen.
Der Katalysator sollte weder den Verbrauch noch die Lebensdauer des Fahrzeugs und der mit der Abgasreinigung befassten Bauteile beeinträchtigen.
Dieser Kernsatz ist der Autoindustrie ein Graus, denn Mercedes, AUDI, VW, Porsche und BMW stellen sich als „Big Five“ nahezu geschlossen gegen die Lösung. Besonders lautstark zetern VW gegen mögliches Zubehör zur Abgasreinigung. Die Wolfsburger befürchten Mehrverbrauch, Leistungsverluste und verringerte Lebensdauer.
Umrüst-Angebote müssen den PKW dazu bringen, nicht mehr als 270 Milligran Stickoxide pro km auszustoßen. Der dadurch nach Expertenmeinung eintretende Kraftstoffmehrverbrauch soll auf maximal 6 % begrenzt werden. Ein deutliches, optisches oder akustisches Dauersignal soll dem Fahrer signalisieren, wenn die Harnstofflösung aufgebraucht ist. Ein nachträglich eingebautes System muss auf eine Lebenserwartung von mindestens 100.000 Kilometern ausgelegt sein.
Verantwortliche Behörde für die Nachrüstungen ist das Kraftfahrtbundesamt, dem Hersteller und Nachrüster nun ihre Produkte zur Genehmigung vorlegen müssen.
VW fürchtet, dass die Geräte nicht zur sonstigen Motorarchitektur passen werden und stellt die Frage nach der Gewährleistung. Man werde sich in die Hardware-Umrüstung nicht einbringen, um nicht in die Gewährleistungsfalle zu geraten. Die Entwicklung eigener Systeme schließt VW aus.
Sobald das Kraftfahrtbundesamt ein System freigegeben hat, kann es in dafür geeignete Fahrzeuge der Schadstoffklasse 5 eingebaut werden. Die Kosten dafür werden zumindest bis zu 3000 Euro wohl die Hersteller übernehmen.
- Offen ist derzeit, ob eine Umrüstung in diesem Finanzrahmen möglich ist und ob PKW-Besitzer unter Umständen noch etwas drauflegen müssen.
- Die Umrüstung ist freiwillig, wer sich nicht in Verbotszonen einfahren muss, muss auch nicht umrüsten.
- Fahrzeuge der Schadstoffklasse 4 können nicht umgerüstet werden.
- Ausländische Fahrzeuge können umgerüstet werden. Hier ist aber auch noch nicht klar, ob die Hersteller etwas anbieten werden, oder ob der entwickelnde Zubehörindustrie Adapterlösungen für alle Modelle anbietet.
Das größte Problem hat Verkehrsminister Scheuer allerdings mit dem Zeitplan, denn dort, wo die Schadstoffklasse 5 schon in den kommenden Monaten ausgesperrt wird, müssen sich betroffene Fahrzeugbesitzer etwas einfallen lassen. Derzeit sieht es nicht so aus, als ob genehmigte Umrüstungen im Jahr 2019 schon eingebaut werden können und selbst wenn, dann stellt sich die Frage, ob die Produkte in großen Mengen auf den Markt gebracht werden können.
Für Dieselbesitzer „in der Fläche“ - also in nicht von Fahrverboten betroffenen Bereichen - sind die aktuellen Gedankengänge rund um die Umrüstung auf SSK 6 ernüchternd: Auf dem Land oder in sauberen Städten werden die Umrüstsätze zu 100 % von den Autobesitzern selbst übernommen werden müssen. Wer also etwas für die Umwelt tun will und Beeinträchtigungen durch Fahrverbote vermeiden will, muss die Umrüstung selbst bezahlen.
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