KBA, Verkehrsministerium und Staatsanwaltschaft hätten eigentlich mehr tun müssen, um den Abgasskandal aufzuklären, die Schuldigen zu bannen und zu erreichen, dass Opfer Schadenersatz erhalten. Kritisch betrachtet machen die "öffentlichen Bemühungen" folgenden Eindruck: Wie die drei Affen, die nichts sehen, nichts hören, nichts sagen. Und auch die aktuellen Urteile zum Thema "Staatliche Verantwortung" schlagen in die gleiche Kerbe: Das LG Stuttgart hat sich jetzt intensiv in 20 Klageverfahren mit der Frage auseinandergesetzt, ob es „Schadenersatz aus Staatshaftung“ geben kann. Es geht um einen Anspruch, den Opfer des Dieselskandals gegen die Bundesrepublik anmelden könnten. Verbraucherschützer werfen dem Minister und dem KBA Versäumnisse bei der Aufdeckung des Abgasskandals vor – das Thema Staatshaftung steht im Raum.
Das LG Stuttgart ist in einer aktuellen Entscheidung der Auffassung, dass man weder das Kraftfahrtbundesamt noch das BMVI zur Verantwortung ziehen kann im Verfahren zu den Aktenzeichen Az. 7 O 425/19, 66/20 und 67/20, aber es wurde Revision zugelassen. Nachvollziehbar, denn ein Landgericht kann eine solch wichtige Frage nicht final beantworten. Das wird durch die Instanzen gehen müssen.
Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) habe keine Kenntnis von verbotenen Handlungen gehabt. zudem seien die EU-Verordnungen zum Motorschutz zu lasch und auch viel zu unkonkret.
Offizielle Untersuchungsergebnisse, Insider-Dokumentationen, Medien-Recherchen und Ergebnisse von parlamentarischen Anfragen zeigen deutlich auf, dass der Abgasskandal in heutigen Umfang zwar nicht hätte verhindert werden können – dazu war das kriminelle Potential der Hersteller einfach zu groß – aber man hätte Hinweisen konkreter und restriktiver nachgehen müssen und man hätte Schlupflöcher zeitnah schließen müssen. Das sieht das gericht anders.
Messungen mit Golden Cars
Für die Kooperationsanwälte der IG Dieselskandal es ist ein Unding, dass über Jahre zur Erlangung einer Typengenehmigung sorgfältig präparierte Autos vorgestellt werden konnten. Dass diese sogenannten „Golden Cars“ den Standard der Serie nicht erfüllten war nicht nur allen bekannt, es schien auch allen egal gewesen zu sein! Statt sich auf gesicherte Erkenntnisse der staatlichen Organe verlassen zu können, sind Opfer des Skandals gezwungen gewesen, jeden Verdacht selbst nachweisen zu müssen, teils mit sehr hohem Kostenaufwand. Und dies obwohl das Ergebnis der bis zu 50.000 Euro teuren Gutachten allen Beteiligten bekannt war. Schwering: „Es ist doch paradox: Viele Forderungen wurden von Opfern nicht durchgesetzt, weil schlichtweg das Geld fehlte, um Dinge nachzuweisen, deren insgeheime Feststellung der Kläger durch seine Steuergelder doch schon lange selbst bezahlt hatte!“
Auch LG Offenburg sieht keinen Staatshaftungsanspruch
Schon im Mai 2020 hatte das Landgericht Offenburgi mit einer vergleicbaren Entscheidung ( AZ 2 O 275/19 ) zur Staatshaftung aufgewartet: Demnach bezwecken die Vorschriften der Typengenehmigungsrichtlinie 2007/46/EG nicht den Schutz der Vermögensinteressen des Erwerbers eines vom Abgasskandal betroffener Diesel-PKW. Ein unionsrechtlicher Staatshaftungsanspruch besteht daher nicht nicht.
Das Thema Staatshaftung ist auf jeden Fall noch nicht ausdiskutiert und wird sicherlich bis zum BGH oder sogar zum EuGH gehen.