Gegen Zahlung von 42,5 Millionen Euro hat die Staatanwaltschaft Stuttgart das Verfahren gegen den Friedrichshafener Getriebe-Konstrukteur ZF eingestellt. Der Autozulieferer, der Automatikgetriebe für die Volkswagenfamilie liefert - insbesondere für die Audi-Oberklasse - hat das Bußgeld akzeptiert. Gegen einzelne Mitarbeiter wird aber weiter wegen Beihilfe zum Betrug ermitteltermittelt
Die ZF-Automatikgetriebe waren ins Gerede gekommen, weil Abschaltvorrichtungen vielfach mit Manipulationen an der Getriebesteuerung in Verbindung gebracht werden. Emissionen über die Software des Automatikgetriebes zu steuern ist einfach – Je früher das Auto auf dem Rollenprüfstand schaltet, je geringer ist der Schadstoff-Ausstoß. Da derart heruntergedrosselte Autos im Normalbetrieb aber die gewünschte Dynamik vermissen lassen, muss das Getriebe erkennen können, ob es unter Laborbedingungen oder auf der Straße betrieben wird.
ZF konnte im Verfahren wohl keine direkte Beteiligung an den Schummeleien vorgeworfen werden, wohl aber die Aufsichtspflichtverletzung, ihre Getriebe nicht vor unzulässigen Schummeleien geschützt zu haben. Die ausgelieferten Getriebe, so die Staatsanwaltschaft Stuttgart, seien nicht ausreichend genug auf die Möglichkeit eines missbräuchlichen Einsatzes getestet worden. Heißt übersetzt: Die von ZF gelieferten Komponenten waren gut zu manipulieren und man hätte als verantwortungsvoller Lieferant Manipulationen vorbeugen oder zumindest erschweren müssen. Um welche Auftraggeber es geht bleibt nebulös. Es kann aber davon ausgegangen werden, dass die aktuelle Diskussion um die Schaltpunkte bei Audi-Benzinern und Dieselmodellen über die Lenkwinkelerkennung mit diesen Getrieben in Zusammenhang steht.
Damit entwickelt sich Abgasskandal mehr und mehr zu einem Puzzlespiel und wer die Teile richtig zusammensetzt, der weiß, dass all diese manipulierten Getriebe noch auf deutschen Straßen unterwegs sind und nicht alle wurden bislang vom KBA zurückgerufen.
Bei einem jüngst vom Landgericht Offenburg gutachterlich untersuchten Audi Q5 mit Benzinmotor wurden die Schaltpunkte durch das Erkennen von Lenker-Einschlagswinkeln bestimmt. Im Verfahren gegen ZF ging es um für den für A7 und A8 gelieferte Getriebeeinheiten des Typs AL951 für hubraumstärksten Diesel und AL551 für die 3-Liter-Maschinen und ein ige 4,2Liter-Versionen, während die in den USA gegen ZF erhobenen Vorwürfe sich wohl nur auf die Schaltbox AL551 beziehen. Ob die Grenzen hier absichtlich verwischen oder ob die Untersuchungen schlichtweg noch nicht am Ende sind, lässt sich an dieser Stelle nicht sagen.
ZF ist dabei nicht der einzige Zulieferer, der ins Visier der Staatsanwaltschaft geraten ist. So wurde gegen Bosch bereits im vergangenen Jahr ein Bußgeld in Höhe von 90 Millionen Euro verhängt.
Für die Kooperationsanw#lte der IG Dieselskandal ist es verwunderlich, dass ein Großteil dieser Untersuchungen nicht beim Verbraucher ankommt und wenn, dann nicht komplett erscheinen. Allein das Argument, man bestrafe nur, weil ZF die Aufsichtspflicht verletzt habe, berechtigt am Ende nicht ein so hohes Bußgeld - da bleibt ein "Geschmäckle". Man hat den Eindruck, also würden Untersuchungsergebnisse den betroffenen Autofahrern bewusst vorenthalten bzw. aufgearbeitet serviert, um den wirtschaftlichen Schaden für die Autoindustrie in Grenzen zu halten. Wir empfehlen insbesondere Autofahrern, die die betroffenen Getriebe-Varianten nutzen, ihre Schadenersatzmöglichkeiten notfalls auch ohne offizielle Rückrufe durchzusetzen.