Der Dieselskandal hat große Wellen geschlagen. Auf Schadenersatz haben, wie zwei Verhandlungen vor dem Bundesgerichtshof verdeutlicht haben, auch Kläger Anspruch, wenn diese ihr Fahrzeug bereits weiterverkauft haben. Für eventuelle Berechnungen wird nach derzeitiger Beurteilung des sechsten Zivilsenats der Verkaufspreis des Wagens als Grundlage genommen.
Der Anwalt von Volkswagen sieht die Situation ein wenig anders. Seiner Meinung nach müsse der Schadenersatz geringer ausfallen, wenn sich das Fahrzeug nicht mehr im Besitz des Klägers befindet. Wann ein letztendliches Urteil durch die Richter gesprochen wird, steht noch nicht fest.
Viele Autos könnten bereits verkauft sein
In einem der Fälle stellte sich die Situation so dar, dass die Klägerin während des laufenden Verfahrens ihren mit einem EA189 Motor ausgestatteten VW für etwa 4.500 Euro veräußert hatte. VW war der Auffassung, dass die Angelegenheit damit vom Tisch sei, da die Frau den VW zu einem marktgerechten Preis veräußern konnte.
Dem entgegen entschied das Kölner Oberlandesgericht, dass lediglich relevant sei, ob das Fahrzeug zum Kaufzeitpunkt mangelhaft war. Entsprechend stehe der Dame Schadenersatz zu.
Im Hause VW sind nach eigener Auskunft etwa 1.000 gleichartige Fälle bekannt. Auch geht man bei VW davon aus, dass es sich um weitaus mehr Kläger handeln könne, die in der Zwischenzeit ihr Fahrzeug veräußert haben.
In einem weiteren Fall gab einer der Kläger seinen mangelhaften VW bei einen Audi-Vertragshändler in Zahlung. Zusätzlich bekam er eine "Wechselprämie" in Höhe von 6.000 Euro. Letztendlich entschied das Oldenburger Oberlandesgericht, dass keine Voraussetzungen vorlägen, die es rechtfertigen würden, die Summe vom Schadenersatz-Anspruch abzuziehen.
Schadstoffwerte waren Kunden unbekannt
Vor dem Bundesgerichtshof äußerte sich der VW-Anwalt dahingehend, dass ein Erstattungsanspruch bis zum Zeitpunkt des Verkaufs unbestritten sei. Nach dem Verkauf sähe dies anders aus. Nach fachlicher Meinung der Anwälte der Kläger wäre der Ursprungsvertrag nie geschlossen worden, wäre den Käufern die tatsächlichen Schadstoffwerte bekannt gewesen. Es könne nicht angehen, dass Käufer ihr Auto nicht, z.B. bei Autoankauf Fix in Heidelberg, verkaufen könnten, wenn sie das Auto nicht mehr wollten.
Käufer wurden von VW systematisch getäuscht
Im Mai 2020 entschieden die BGH-Richter im ersten und bedeutsamsten Urteil zum Dieselskandal, dass die Kunden von VW methodisch getäuscht wurden. Wäre den Kunden bekannt gewesen, dass es bei Diesel-Fahrzeugen mit einem EA189 Motor eine Diskrepanz zwischen Messungen auf dem Prüfstand und dem tatsächlichen Schadstoffausstoß gab, hätten sie ein anderes Fahrzeug gewählt.
Aus diesem Grund haben die Kläger in der Mehrzahl der Fälle das Recht, das Fahrzeug zurückzugeben. Allerdings bekommen sie nicht das gesamte Geld zurück. Die Nutzung muss mit angerechnet werden.
VW geht Weg des geringsten Widerstands
Seit Beginn der Klagen hat der Wolfsburger Autokonzern mit Zehntausenden Käufern, ohne auf eine richterliche Entscheidung zu warten, einen Vergleich geschlossen. Der Vorteil für die Kläger ist, dass sie nicht auf ihr Auto verzichten müssen.
Zusätzlich haben etwa 245.000 Käufer aus einem, zwischen Volkswagen und Bundesverband der Verbraucherzahlen geschlossenen Mustervergleich, Zahlungen zwischen 1.350 Euro bis 6.257 Euro erhalten.
Weitere anstehende Verhandlungen
In der Zwischenzeit äußerte sich das BGH in einer Vielzahl anderer Urteile zu weiteren Umständen, bei denen sich besondere Fragen stellten. Für die kommende Zeit sind weitere Verhandlungen geplant.
In den folgenden Verhandlungen wird darüber geurteilt, ob es Klägern möglich ist, ihren Diesel abzugeben oder sie als Ausgleich des Mangels einen Teil des Kaufpreises bekommen können. Zusätzliche Verfahren behandeln die Themen Verjährung und Besonderheiten bei Leasing-Fahrzeugen.