Müssen Dieselfahrer im Abgasskandal wieder die Zwangsstilllegung ihrer Fahrzeuge befürchten? Nach einem Bericht von Focus online könnte es so kommen und sogar noch in diesem Jahr. Demnach hat der deutsche Verkehrsminister Wissing eine Art Brandbrief an die EU geschrieben, in dem er vor der Stilllegung von Millionen Dieselfahrzeugen warnt.
Hintergrund ist ein Verfahren am EuGH gegen Mercedes (Rechtssachen C-251/23 und C-308/23). Dabei steht wieder einmal das viel diskutierte Thermofenster bei der Abgasreinigung im Mittelpunkt. Und diesmal könnte es für die Autobauer eng werden. Denn die EU möchte, dass für Dieselfahrzeuge mit der Abgasnorm Euro 5 und zum Teil auch Euro 6 die Abgastests nach heutigem Standard (WLTP) gelten sollen. Bei diesem sog. RDE-Test wird das Abgasverhalten des Fahrzeugs nicht nur unter „Laborbedingungen“ untersucht, sondern auch unter realen Betriebsbedingungen im Straßenverkehr. Die neuere und als sauber geltende Dieselgeneration Euro 6d ist so getestet worden.
Nach Vorstellungen der EU sollen diese strengeren Vorschriften nun auch rückwirkend für ältere Diesel gelten. Es ist nur schwer vorzustellen, dass die älteren Diesel unter diesen Vorgaben die Grenzwerte für den Emissionsausstoß einhalten können. Folge könnte die Zwangsstilllegung der betroffenen Fahrzeuge sein.
In dem Brief an die EU warnt das deutsche Verkehrsministerium vor der Stilllegung von rund 4,3 Millionen Dieselfahrzeugen mit der Abgasnorm Euro 5 und ca. 3,9 Millionen Dieselfahrzeugen mit der Abgasnorm Euro 6 allein in Deutschland. Der Abgasskandal würde damit rund neun Jahre nach seinem Bekanntwerden eine ganz neue Dimension erreichen. Es wären Fahrzeuge zahlreicher Hersteller betroffen von VW, Mercedes und BMW bis zu ausländischen Herstellern wie Toyota, Mazda, Renault, etc. Zudem könnten auch Benziner betroffen sein.
Mit einem Urteil des EuGH ist voraussichtlich im November zu rechnen. Er ließ aber bereits durchblicken, dass die Entscheidung dazu führen könnte, dass für zahlreiche betroffene Dieselfahrzeuge die Genehmigung zu Unrecht erteilt wurde. Politisch könnte das der EU-Kommission ins Konzept passen, um den Verkauf von E-Autos anzukurbeln.
Theoretisch könnte ein solches Urteil des EuGH dazu führen, dass den betroffenen Fahrzeugen die Zulassung entzogen wird und sie stillgelegt werden müssen. Allerdings muss bei einem solchen Schritt immer die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme beachtet werden.
Auf Dieselfahrer könnten spätestens ab November wieder unruhige Zeiten zukommen. Positiv ist, dass sich die Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen durch die Rechtsprechung des BGH vom 26. Juni 2023 erleichtert hat. Demnach haben die Käufer im Abgasskandal schon bei Fahrlässigkeit des Autoherstellers einen Anspruch auf Schadenersatz und nicht erst bei einer vorsätzlichen Schädigung.