Die Besitzer von teuren Luxuslinern sind in der Wohnmobilszene eine besondere Behandlung gewohnt: Die Kapitäne der Landstraße ernten anerkennende oder bisweilen neidvolle Blicke, wenn die rollenden Paläste über die Straßen Europas cruisen. Aber aller erdenklicher Luxus nutzt in der Werkstatt nichts. Das Kraftfahrtbundesamt ruft Wohnmobile, in deren Motorraum ein Iveco Daily mit der Motorkennung F1C pocht, zurück - verpflichtend.
Ausgerechnet zum Auftakt der Camping-Saison bringt der KBA-Rücktritt mit der Kennziffer 010493 die Reisepläne zahlreicher Nutzer von exklusiven Modellen durcheinander. Der Rückruf ist amtlich. Wer der Aufforderung nicht folgt, muss eine Zwangsstilllegung des Fahrzeugs befürchten. Bis dahin ist aber noch viel Zeit. Deutschlkandweit sind knapp 900 Fahrzeuge betroffen, weltweit rund 20.000. Status des Rückrufes am 5. April 2021: "In Untersuchung".
Werkstatt oder Westerland? Das Thema trifft die sogenannten Luxusliner, z.B. von Morelo, Concorde oder Niesmann + Bischoff. Die verbauten Diesel-Aggregate sollen mit einer Software ausgerüstet sein, die für einen Schadstoff-Ausstoß sorgt, der im Bereich NOx über den geltenden EU-Grenzwerten liegt. Ob dabei konkret von einer Abschaltvorrichtung die Rede ist, oder ob es sich grundsätzlich um den Mangel handelt, dass Grenzwerte nicht eingehalten werden, ist derzeit noch unklar. Der Rückruf mit der Kennzifffer 010493 ist beim KBA noch nicht veröffentlicht und Hersteller und Motor-Lieferanten halten sich – natürlich – bedeckt.
Morelo und Concorde betroffen
Der Rückruf betrifft den IVECO „Daily“ ist auf jeden Fall ganz tief unten im Wohnmobilskandal angekommen und trifft die First-Class-Anbieter
- Morelo
- Niesmann + Bischoff
- Concorde
- Phoenix
Aber auch die wertigeren Modelle aus den Produktpaletten von
- Dethleffs
sind betroffen.
Ebenso die Branche der Expeditionsmobile mit den Anbietern
- Woelcke
- Bimobil
oder Hersteller aus der EU wie .z,B.
- Pilote
- Laika
„Nach dem Rückruf besteht ein Schadenersatzanspruch, teils sogar ein Rücknahmeanspruch gegenüber dem Händler“ –So die die Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen der IG Dieselskandal.
Deliktische Haftung oder Gewährleistung?
Die Rückrufe betreffen nur Fahrzeuge der Baujahre 2016 bis 2019, also ausschließlich Modelle der Schadstoffklasse 6. Die Rückrufe betreffen nur Fahrzeuge der Baujahre 2016 bis 2019, also ausschließlich Modelle der Schadstoffklasse 6. Wohnmobile, die gebraucht oder neugekauft wurden, können im Rahmen der Gewährleistung an den Händler zurückgegeben werden, wenn der Kauf nicht länger als zwei Jahre zurückliegt.
Bei Modellen, die schon länger im Besitz sind, stellt sich die Frage nach der deliktischen Haftung und dem Anspruch gegenüber dem Hersteller – hier also gegenüber Iveco (Fiat bzw. Stellantis) und/oder dem Ausbauer.
Rechtsanwalt Gisevius: „In der aktuellen Situation müssen Wohnmobilisten daher den Kalender im Auge behalten, denn eine Rückgabe nach Gewährleistungsrecht erscheint aktuell als am ehesten durchsetzbar – immerhin offenbart ein Rückruf einen Mangel. Da dieser wohl kaum durch ein Software-Update aufgehoben werden kann, besteht ein Rückgaberecht ohne Zahlung eines Nutzungsentgeltes. Heißt: Der klagende Verbraucher gibt das Auto ab und erhält den kompletten Kaufpreis zurück!“ Unter Umständen gibt es auch keine technische Lösung. Derzeit muss die Software erst einmal entwickelt werden und dann den Genehmigungsprozess durchlaufen: Die Verantwortlichen sind gar nicht in der Lage, den Mangel kurzfristig abzuschalten.
Hier ein Screenshot aus der KBA-Datenbank
Klagen wirtschaftlich fraglich
Nach Rechtsprechung des BGH muss bei Klagen nach Paragraf 826 BGB (sittenwidrige Schädigung) ein Entgelt für die gefahrenen Kilometer gezahlt werden. Trotzdem sind zu erwartende Rückzahlungen schon aufgrund der Verzinsung während der Verfahrensdauer sehr hoch.
Problem dabei: Im Segment der Luxusliner gibt es aktuell auch wegen Corona erhebliche Preissteigerungen und unter Umständen sogar Wartelisten, sodass ein Verfahren zwar gewonnen werden kann, wirtschaftlich aber unter Umständen keinen Sinn macht.
Hier tut anwaltliche Beratung wirklich not. Überlegenswert wäre auch eine sogenannte Feststellungsklage, die noch keinen konkreten Folgen im Falle eines Obsiegens festgelegt. Die Schuld wird festgestellt, mehr nicht.
Vorteil: Der Kläger muss das Wohnmobil nicht unbedingt abgeben und damit einen wirtschaftlichen Nachteil akzeptieren. Die Rechtsanwälte der IG stehen Campern gern zur als Ansprechpartner für eine kostenlose Erstberatung und Abfrage der Rechtschutzversicherung zur Verfügung.
Die kostenlose Service-Hotline der IG Dieselskandal ist unter 0800 000 1961 erreichbar